Arbeiten über AufBruch




Ottos Vortrag in der Schule über die DDR-Zeit von AufBruch


Allgemeines zur Musiklandschaft der DDR

Jedem werden wohl Namen wie DIE PHUDYS, KARAT oder CITY ein Begriff sein. Dies sind die bekanntesten Vertreter der Rockszene der DDR.

Daneben gab oder gibt es noch den sogenannten Underground mit nicht minder bekannten Bands wie SILLY, PANKOW, SANDOW, ENGERLING oder DIE SKEPTIKER. All diese Bands waren zu DDR-Zeiten fest etabliert.

Zusätzlich gab es natürlich auch die eher nur regional bekannten Gruppen, wie die später noch behandelten FLEXIBEL.

Im Vergleich mit der BRD war das musikalische Angebot in der DDR leider weitaus geringer.

De wenigen Plattenfirmen, am nennenswertesten wohl AMIGA, brachten neben den eigenen Produktionen auch Platten von internationalen Größen heraus, dies allerdings recht spartanisch. So wurden die Platten neu zusammengestellt und ihnen ein eigenes AMIGA-Cover verpasst. Viele der Schallplatten kamen in der DDR erst Jahre oder Jahrzehnte später heraus als im Original, wie es damals auch mit internationalen Filmen war, die ja oftmals auch andere Titel erhielten.

Die Auftrittsgenehmigung und Klassifizierung der Musiker

Die  Musiker des Arbeiter- und Bauernstaates hatten viele Hürden zu durchlaufen , um als Band anerkannt zu werden. Jede Band benötigte die Auftrittserlaubnis , den sogenannten „Persilschein“. Dieser wurde erst nach Prüfungen ausgegeben. Die Bands wurden beim Proben besucht oder mussten der Einberufungskomission des Kreiskulturamtes vorspielen. Waren zum Beispiel ihre Texte dem Staatsorgan zu unbequem, wurde die Auftritts- und Spielgenehmigung nicht erteilt oder wieder entzogen.

Um die Musik als Beruf zu leben, musste man von staatlicher Seite als Berufsmusiker eingestuft werden.

Hatte man als Laienmusiker keinen anderen Beruf vorzuweisen, konnte dies von den zuständigen Behörden als Grund gesehen werden, nicht nur der betreffenden Einzelperson, sondern im Ernstfall auch der ganzen Musikformation den „Persilschein“ zu entziehen.

Es gab zur klassifizierung der Musiker verschiedene Gruppen, die auch durch Behörden eingestuft wurden. Eine Gruppe waren die Liedermacher, der bekanntste ist wohl Wolf Biermann, der 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde und der Kinderliedermacher Gerhard Schöne. Die Lidermacher traten meist allein auf, spielten Gitarre und sangen dazu.

Es gab mehrere Stufen zur Einordnung der Bands. In der Musikschule konnten einzelne Musiker geprüft werden, so wurden sie beispielsweise nach der zugehörigen Prüfung in die „Mittelstufe“ eingeordnet. Übernahm dieser Musiker nun die Leitung eines Projektes, sprich einer Band, wurde diese oft automatisch mit in die Mittelstufe übernommen.

Allgemeines zur Harzer Musiklandschaft

Man mag oft denken, dass die Musiklandschaft der DDR, besonders im Bereich der Jugend- und Popularmusik nicht sehr ausgeprägt war. Doch trotz aller Verbote, Einschränkungen und sonstigen Behinderungen bei der Ausbildung einer Jugendmusikkultur gab es eine Vielfalt an Szenen und Bands, verglichen mit den heutigen Maßstäben jedoch verhältnismäßig wenig. So gab es auch im Harz eine Mehrschichtige Musiklandschaft. Den Hauptteil machten die sogenannten „POPPER“ aus. Sie hörten die vornehmlich im Westradio laufende typische achtziger Jahre – Popmusik, wie u.a. Modern Talking oder auch Depeche Mode. Diese Leute waren aber eher selten auf Livekonzerten wie denen von FLEXIBEL zu sehen.

Die alternative Kultur bestand auch damals schon aus Punks, „Metallern“ (Heavy-Metal-Fans) und anderen. Diese waren allerdings zahlenmäßig weit weniger als die „Popper“. So gab es in den späteren achtzigern im Landkreis Wernigerode ganze drei Rockbands, wenige Liedermacher und eine Folkband. Ansonsten existierten noch die „Tanzmusik-Kapellen“, wie die Blankenburger Gruppen PASSAT und ORION.

Die Band FLEXIBEL 1986 – 1989

Nachdem der Kopf der Band, damals wie heute, Ralf Mattern, zum zweiten Mal ein Vorsingen zur Einstufung als Liedermacher beim Kreiskultur-kabinett Wernigerode hatte und dafür seine Texte entschärfen musste, um die Auftrittsgenehmigung zu erhalten, gründete er die FLEXIBEL – BLUES- BAND , um sich mit seinen Texten hinter dem dortigen Sänger zu „verstecken“. Außerdem war es für die Behörden schwieriger, eine Band zu verbieten, die etliche Fans und Konzerte hat, als einen einzelnen Liedermacher.

So probte die Band erstmals im Herbst 1986, auch einfach um Spaß zu haben, diesen aber gekonnt mit Niveau zu verbinden.

Der erste Auftritt erfolgte 1987 in Quedlinburg, angeblich dem damaligen alternativem Zentrum des Harzes.

Das Ziel, einmal eine Tonträger- oder Rundfunkproduktion zu gestalten, hatten FLEXIBEL nie, da ihnen dies mit ihren Texten zur damaligen Zeit eher utopisch erschien. Ähnlich ging es ja auch bekannteren Vertretern des kritischen Rocks, wie FREYGANG oder ZUSAMMROTTUNG.

So fiel auch das mögliche Ziel, die Musik als Job zu leben, aus dem Rahmen des möglichen, da dies, wie so vieles, auch seitens der Behörden anerkannt werden musste. Von der Musik leben durfte man nur als „Profi“, der wurde man nur durch den Besuch der Musikhochschule oder durch entsprechende Prüfungen. Ansonsten hatte man als Musiker einen Job nachzuweisen, da sonst (wie schon erleutert) die Auftrittsgenehmigung entzogen werden konnte.

Die Band FLEXIBEL wurde ohne weitere Prüfungen in die „Mittelstufe“ eingetragen, da der Schlagzeuger Michael Fey die Projektleitung offiziell übernahm und dieser selbst vorher schon dort eingestuft wurde.

Der Name FLEXIBEL – BLUES – BAND wurde hauptsächlich aus Publikumsgründen ausgewählt. Einerseits konnten dadurch die „Popper“ ferngehalten, andererseits die nicht geringe Gruppe der Blueser angezogen werden. Nach nicht allzu langer Zeit wurde das Anhängsel allerdings weggelassen.

Einen Vorteil hatte es für die Band, dass sie regional die Hälfte aller Rockbands ausmachten: Sie konnten die FDJ – Förderung auskosten.

Bis 1989 erhielten sie ca. 9000 Mark, zur damaligen Zeit eine Menge Geld. Ausreichend war dies trotzdem nicht. Das Equipment war sehr teuer   (Beispiel: Das Mischpult VERMONA MIXER 1222 kostete damals 5200 Mark, grob entsprechend etwa acht Monatslöhnen eines Bandmitgliedes), weshalb die Auftritte auch oft improvisiert waren, in technischer Hinsicht.

Genauso improvisiert war oft der Transport zu den Auftrittsorten. LKW`s waren streng kontingentiert, sie wurden vornehmlich an Profibands, Rummelbetriebe oder den Staatszirkus vergeben, bevor eine Privatperson Gelegenheit bekam, sich eien zu kaufen. Erst im Frühjahr 1989 bekamen FLEXIBEL die Möglichkeit, einen LKW zu erwerben, hierbei handelte es sich allerdings um einen Schrottreifen 1957er „K 30“.

Meistens fuhr also die Band in den Firmenwagen ihrer Arbeitsplätze, wie das „ELMO“ oder die VEB Mineralquellen Blankenburg, zu den Auftritten.

Diese Auftritte zu bekommen war damals auch nicht so, wie heute. Plakate, Tonträger usw. gab es nicht, die Auftritte wurden meist durch Mundpropaganda vermittelt. Es gab zwar eine staatliche Künstleragentur, dies war aber kaum das richtige, um eine Band wie FLEXIBEL zu vermitteln.

Ein großes Problem war die damalige Wehrpflicht. Immer wieder wurden Bandmitglieder eingezogen. So mussten immer neue Bandmitglieder angelernt werden, was mit der Zeit zur Last wurde. Dieses Problem schafften FLEXIBEL auf sehr unkonventionelle Weise aus der Welt. Sie hatten einen Freund im Wehrkreiskommando, der 1988 die Akten der Bandmitglieder an sich nahm und verbrannte. Somit existierten sie nicht mehr und konnten nicht eingezogen werden.

Dies bewegte sich natürlich schon in der Illegalität, doch mit der Staatsicherheit hatten Flexibel auch so oft zu tun. Zum ersten Stasi-Besuch Ralf Matterns möchte ich die Beschreibung des Interviews aus dem Buch „ Du hast den Farbfilm vergessen und andere Ostrockgeschichten“ verwenden:

„Das war schon kurios: Im Frühjahr 1987 besang ich zu Hause ein Tonband für unseren Sänger Manfred Niedung, damit der bei sich zu Hause die neuen Songs einstudieren konnte, und das eben nicht auch noch auf der Probe passieren mußte. Manni ging jedoch mit dem Tonband nicht gleich nach Hause, sondern erst noch zur Disko, um sich dort mit ein paar Freunden zu treffen. Vielleicht waren es ein paar Bier zuviel gewesen, zumindest verlor Manni das Tape beim Verlassen des Saals. Es war zwar ärgerlich, aber wir machten uns keinen weiteren Kopf, es war halt weg. Erst später sollte sich herausstellen, daß das Tonband nicht verloren blieb, der Chef der allgegenwärtigen FDJ-Ordnungstruppe hatte es nämlich gefunden, hörte sich zu Hause das "subversive Zeug" an und überbrachte es tags darauf der Stasi. Da auf dem Band natürlich kein Name stand, rätselte man zunächst, wer denn wohl solche Texte singt. Im August 1987 - also reichlich später - fanden die erwähnten DDR-offenen Chansontage statt, an denen ich teilnahm. Das Abschlußprogramm war eine öffentliche Veranstaltung, die offiziell mitgeschnitten wurde, und an der ich mit meinem "Schnüffellied" teilnahm. Dieser Song erregte dann bei denen, die in dem Lied auch angesprochen wurden, erhebliche Aufmerksamkeit. Die Stasi verglich daraufhin den offiziellen Mitschnitt mit der gefundenen Kassette und konnte nun eine Übereinstimmung feststellen. So kam es dann im September 1987 zur ersten Vorladung, da ging es um die genannte Sache sowie um die "Beantwortung" unserer Eingabe an den Staatsrat, die wir im Mai 1986 - also kurz nach dem Gau von Tschernobyl - verfaßten, in der wir uns für die Schließung der DDR-Atomkraftwerke einsetzten. Es saßen mir drei Mitarbeiter des Kulturkabinetts, zwei Mitarbeiter des Kreisumweltamtes und zwei Schweigende, die sich jedoch eifrig alles notierten, gegenüber. Das Problem war: Ich hatte mich bei der Abschlußveranstaltung der Chansontage dem Publikum, das vorwiegend aus dem Kreis Wernigerode kam, vorgestellt: "Ich heiße zwar Mattern und komme aus Wernigerode, habe jedoch nichts mit dem gleichnamigen Prunkbau in Wernigerode zu tun." Gemeint war ein wegen der Fassade umstrittenes neues weithin sichtbares Hotel in Plattenbauweise in der Harzstadt, das den Namen des verstorbenen SED-Funktionärs Hermann Matern trug. Da diese Ansage wegen des Mitschnittes den Kulturfunktionären bekannt war, wurde mir von denen zunächst unterstellt, etwas persönlich gegen Hermann Matern, gegen die SED und überhaupt gegen die DDR zu haben und die Sprache der Faschisten zu sprechen. Generell kann man sagen, daß mit einer solchen Unterstellung auch zukünftig die "Gespräche" begannen: Mal hätte ich offen zur Republikflucht aufgerufen, mal arbeitete ich im Auftrag der "Kirche von unten", mal würde ich Saboteure mit meinen Liedern ermuntern usw. Über zwei, drei Stunden legte ich dann jeweils meine Position dar, was dann ausreichte, daß die Situation nicht weiter eskalierte. Ich hatte, was mich betraf, auch nichts zu verbergen, schließlich wollte ich, daß die wissen, daß ich einiges in der DDR für kritikwürdig hielt. So richtig pervers wurde es erst, als es persönlich wurde. 1988 lebte ich in Trennung von meiner damaligen Freundin. Eines Tages bekam sie ein Telegramm mit meinem Absender, mit der Aufforderung, daß sie mich doch nun endlich in Ruhe lassen solle. Ein paar Tage später fragte sie mich, ob ich denn unfähig sei, so etwas im Gespräch zu klären. Da ich von nichts wußte (das Telegramm stammte eben nicht von mir) erfuhr ich auf Nachfrage von der Post den wahren Absender. Der lebte in Berlin-Mahrzahn, nicht in der "Platte", sondern nebenan im Dorf. Tatsächlich fand ich die Adresse bei einem Besuch in Berlin, anläßlich des PINK FLOYD-Konzertes am Reichstag, welches man ja an der Mauer mithören konnte. Doch den Namen des Telegrammschreibers kannte man weder in dem in Frage kommenden Haus, noch in der gleich gegenüberliegenden Kneipe noch in der örtlichen Poststelle...“

Im Sommer 1989 erhielten FLEXIBEL Auftrittsverbot, kurz vor einem geplanten Konzert in Blankenburg.

Die Band vermutet, dass der Anlass dafür ein Konzert im Frühjahr desselben Jahres im Saal des Blankenburger FEW war. Bei diesem Konzert standen ca. 200 Menschen, die nicht eingelassen wurden, vor der Tür und sangen die ihnen bekannten Liedern mit, in denen auch unerwünschte Textzeilen vorkamen, wie z.B.: „Ne neue Ordnung braucht die Welt“ . Dies hörten dann auch die „Berufslauscher“ der Staatsseite.

Dazu kam, dass kurz darauf auch der Sänger der Band, Manfred Niedung, die Republik verliess und in die BRD flüchtete. Somit wurde aus der Bezirkshauptstadt Magdeburg das Auftrittsverbot verhängt, da die Band ohne Sänger sowieso nicht weitermachen könne.

Das Auftrittsverbot blieb aber nicht lange, da wenige Monate später die Mauer fiel und die Deutsche Demokratische Republik zerbröckelte.

Im November 1989 bereits durften FLEXIBEL wieder legal auftreten und hatte im Winter bereits ihren ersten Auftritt in den alten Bundesländern.